DIE LETZTE PERFORMANCE

* Belinda Sallin, Regisseurin

Immer wieder haben mich Leute, die den Film gesehen haben, auf Hansruedi Gigers Gebrechlichkeit und auf sein Alter angesprochen. Darunter auch ein paar, die sich erschrocken darüber geäussert haben.

Natürlich habe ich mir während der Dreharbeiten dazu Gedanken gemacht. Allerdings eher darüber, wie wir die Dreharbeiten gestalten, so dass es für Hansruedi am angenehmsten ist. Und natürlich: Zu jedem Zeitpunkt wollten wir Würde bewahren. Ich bin sicher, dass uns das gelungen ist. Aber erst jetzt, glaube ich, habe ich Hansruedis Haltung dazu ganz verstanden. Erst jetzt mit Distanz zu den Dreharbeiten und nach Reaktionen des Kinopublikums.

Was für eine Provokation! Einmal mehr! Schon als kleiner Junge, in einem Alter, wo sich andere Kinder an ihre Teddybären schmiegen,  zog er mit einem Totenschädel an der Schnur durch die Gassen Churs. Eine erste Performance mit 6 Jahren, wie Till Rippmann von VICE (Artikel - absolut lesenswert!) schreibt. Und dann, fast 70 Jahre später: Er zeigt sich in seiner Gebrechlichkeit, er wagt es, sich nicht zurück zu ziehen, er spricht in Gegenwart einer Kamera, auch wenn es ihm nicht mehr leicht fällt.

Welche Provokation in unserer Gesellschaft, die von fixen Vorstellungen und Normen, von Jugend- Schönheits- und Fitnesswahn durchdrungen und beherrscht ist. Alter und Gebrechlichkeit werden zu den grössten Tabus. Schon immer hat HR Giger an diesen Tabus gerüttelt, sie x-fach gezeichnet, gemalt, modelliert.

Es wäre mir während der Dreharbeiten nie in den Sinn gekommen. Aber Hansruedi Gigers Auftritt in diesem Film gerät für manche Leute nochmals zur Provokation. Einfach weil er sich auf seinem letzten Lebensabschnitt nicht mit Unsichtbarkeit begnügt, sondern sich gut sichtbar in den ewigen Zyklus von Geburt, Leben und Tod eingliedert. Er wird Teil seines Werkes. Seine letzte Performance!  

HR Giger, 1940

HR Giger, 1992

HR Giger, 2014

HR Giger, 1959 in Wien

HR Giger, 1976

HR Giger, 2003